Mit dem Fähigkeitszeugnis und dem Berufsmaturitätsdiplom erobert nun eine neue Generation den Walliser Arbeitsmarkt.
von Yannick Mühlemann
Der Platz in der Simplonhalle begann bereits knapp zu werden, als Pierre-Yves Zanella auf die Bühne kam und begann, zum Publikum zu sprechen. Der Direktor der Berufsfachschule Oberwallis (BFO) wandte sich an die 591 BFO-Lernenden, die an diesem Tag ihr Berufsattest, ihr Fähigkeitszeugnis oder ihr Berufsmaturitätsdiplom erhalten werden. «Der Anlass zum Feiern seid ihr und eure Leistungen», sagte er, «und ihr seid es, die schon bald den Laufsteg der Walliser Berufsbildung absolvieren dürft.»
Herzstück der Wirtschaft
Nach einer weiteren Ansprache von Staatsrat Christophe Darbellay wurden die Diplome und Zeugnisse verteilt. Darbellay und die Chefin der Dienststelle für Berufsbildung, Tanja Fux, machten sich bereit. Danach wurden alle Diplomanden auf die Bühne gebeten, die Hände geschüttelt und die Zeugnisse verteilt. Für jede Berufsgattung wurde jeweils auch noch der Preis für den besten Abschluss vergeben. Die Zeremonie dauerte zwei Stunden, danach wurde zum Apéro gebeten.
So stolz wie die Lehrabgänger und Diplomanden auf der Bühne war auch Tanja Fux nach Ende der Zeremonie. «Es ist einer der schönsten Tage im Jahr», sagte sie, «auf der Bühne in diese Augen zu blicken. Dieser Stolz. Diese Zufriedenheit.» Es sei ein langer Weg, den diese jungen Erwachsenen hinter sich hätten und den sie dank der Unterstützung der Eltern und Betriebe nun gegangen seien. «Der begann in der obligatorischen Schule, ging über die Berufsbildung und die Betriebe und endet heute hier», sagte Fux. «Heute können sie einfach mal feiern und darauf zurückblicken, was sie bereits erreicht haben.»
Tanja Fux sieht in den Abgängern von heute denn auch die Spezialisten von morgen. Sie ist von der Wichtigkeit des dualen Bildungssystems für das Wallis, aber auch für die Schweiz überzeugt. «Es ist das Herzstück unserer Wirtschaft», sagte sie. «Es ist ein Modell, das sehr gut funktioniert.» Das sehe man auch an den zahlreichen Gästen, die für die Diplomfeier erschienen seien. Das zeuge davon, dass dieses Angebot geschätzt werde.
Dieses System gelte es zu pflegen. «Die Berufsbildung ist extrem agil», so Tanja Fux, «weil wir so eine nahe Zusammenarbeit mit der Wirtschaft haben.» Deshalb gäbe es in der Berufsbildung auch häufig Änderungen, damit man die Lernenden so ausbildet, wie es der Arbeitsmarkt verlange. «Weil unser System so gut funktioniert, geht es manchmal vergessen», erklärte sie. «Das wird einem bewusst, wenn Delegationen aus anderen Ländern uns besuchen, die gerne ein gleiches System aufbauen würden.»
Stolz auf das Erreichte
Staatsrat Christophe Darbellay schloss sich der Meinung von Tanja Fux an. Auch er sieht, dass die Schweiz im internationalen Vergleich gut dasteht, was die ausgebildeten Arbeitskräfte betrifft. «Unsere Ausbildung ist weltweit einzigartig», sagte er. «Einzig Österreich, Deutschland und Dänemark machen etwas Ähnliches.» Weil die Schweiz seit mehreren Jahrzehnten auf das duale Bildungssystem setze, sei man auch krisenresistent und anpassfähig. «Die Leute sind sofort einsatzbereit, weil sie gearbeitet haben und gleichzeitig ausgebildet wurden.»
Für Christophe Darbellay ist es auch wichtig, dass das Wallis möglichst viele Ausbildungsberufe anbietet. Im Oberwallis können aktuell 56 Berufe erlernt werden. «Damit man Leute hat, um die Wirtschaft und Gesellschaft weiterzuentwickeln.» Man könne die Jugend nicht in die «Üsserschwiiz» schicken. Sie kämen nicht mehr zurück.
Diese Generation habe aber auch einen Vorteil. Im Vergleich zu früher seien es heute die Arbeitnehmer, die gefragt seien. Es gäbe mehr Ausbildungsplätze als Auszubildende. Obwohl sich die Wirtschaft eigentlich gut entwickle, stehe ein Wandel bevor. «Die Alterspyramide lässt grüssen», so Darbellay. «Viele Babyboomer gehen in Pension und es gibt nicht die entsprechende Jugend, die nachfolgt.»
Der demografische Wandel bereitet dem Politiker Sorgen, aber spruchreife Lösungen seien in dieser Beziehung nicht einfach. «Es braucht mehr Kinder. Aber das kann man nicht befehlen.» Es brauche eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Dort könne man ansetzen, alles andere sei jedem selbst überlassen. Dass es plötzlich mehr Kinder gäbe, wäre ein Wunsch, sei aber schwer durchzusetzen, sagte der Staatsrat mit einem Augenzwinkern.
Allerdings sei die Lage in der Schweiz aktuell gut. Dazu würden auch die jetzigen Lehrabgänger beitragen. «So schön wie jetzt hat man es noch nie gehabt», so Christophe Darbellay. «Da muss man nicht immer motzen.»
Auszeichnung für besten Abschluss
Robin Venetz aus Saas-Grund konnte sich heute gleich zweimal freuen. Seine Lehre hat er beim Staat Wallis gemacht. Er konnte am Samstag sein Fähigkeitszeugnis als Informatiker EFZ Applikationsentwickler abholen. Gleichzeitig wurde er auch für den besten Abschluss seiner Berufskategorie prämiert. «Ich habe den besten Notenschnitt bei den Applikationsentwicklern erreicht», freute er sich. Nach der Lehre ist bei ihm vor dem Studium. «Ich habe vor, Mitte September in Luzern Richtung Informatik mit dem Studium zu beginnen», sagte er. «Ich will den Bachelor machen und vielleicht danach den Master anschliessen.» Nun aber wird erst mal das Erreichte genossen und ordentlich gefeiert.
Quelle: pomona.ch